Bericht über die Vollversammlung zum Bildungsstreik in Dresden
Der Bildungsstreik findet wie in 70 anderen deutschen Städten in der nächsten Woche vom 15. - 19.06.2009 statt. In dieser Zeit liegt die Zentrale des Streikes auf der Wiese vorm Potthoff-Bau. Im Open:CAMPUS könnt ihr euch näher zu den geplanten Veranstaltungen informieren, mit diskutieren und eigene Aktionsvorschläge einbringen. Zu den wichtigsten Programmpunkten zählen die Demonstration am Hauptbahnhof am 17.06. um 12:00 Uhr und die Weberplatzparty am 18.06.2009.
Auf der Vollversammlung sprachen 5 Redner zu den wichtigsten Problemen in unserem jetzigen Bildungssystem und informierten über die Hintergründe des Bildungsstreiks.
Nach der Begrüßung durch Michael Moschke, Referat Hochschulpolitik der TU Dresden, sprach Sven Seifert über die bisherigen bundesweiten und internationalen Streiks. Am 12.11.2008 wurde bundesweit für ein bessere Schulsystem demonstriert. Seit über 40 Tagen wird an der Uni in Leipzig der Trakt des "Neuen Seminargebäudes" besetzt. Zu den internationalen Protesten zählt das Aktionsbündnis „Reclaim your Education“.
Unter der Fragestellung, warum überhaupt gestreikt wird, nannte Steve als oberstes Ziel, dass das Bildungssystem wieder mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden soll, um so mehr Gehör für Verhandlungen zu erlangen. Die Umstrukturierung der Studiengänge durch den Bologna-Prozess nach wirtschaftlichen Maßstäben soll verhindert werden, da sich besonders die Geisteswissenschaften benachteiligt fühlen. Eine Unterfinanzierung der Lehramtsstudenten fördert nicht die Schulausbildung unserer Kinder. Der Bildungsstreik soll ein breites Bündnis von der KiTa bis zur Hochschule aufbauen. Dabei sind nicht nur Studenten, sondern auch Lehrer, Schüler und Eltern angesprochen. Kritikpunkte werden gesammelt, da diese nicht nur individuell für eine Hochschule gelten, sondern deutschlandweit auftauchen.
Der erste Schritt der Beteiligung am Bildungsstreikes ist das Weitertragen der Idee.
Gunda Jägeler klärte über die Verschlechterung der Studienbedingungen durch die Einführung des Bachelor-Master-Systems auf. Besonders das Führen von Anwesenheitslisten in Seminaren soll abgeschafft werden, da es zum großen Teil nicht gesetzlich verankert ist und die Studenten nur unnötig einschränkt. Besonders betroffen wären davon Studenten, die auf die Flexibilität des Studiums angewiesen sind, wie z.B. Familien, chronisch Kranke oder Studenten, die nebenbei Arbeiten müssen. Nach Gundas Einschätzung führt die Umsetzung des Bologna-Prozesses zu einem straffer organisierten Studium und einem erhöhten Prüfungsstress.
Der allseits bestimmende Faktor, das Geld, und deren Auswirkungen auf das Studium wurde von Matthias dargelegt. Durch die Unterfinanzierung der Bildung leidet besonders die Qualität der geisteswissenschaftlichen Studiengänge, da diese seitens der Politik als weniger wirtschaftlich verwertbar gelten. Die nachteiligen Auswirkungen des Hochschulpaktes 2020, der Stellenabbau, und die Drittmittel-Akquise, welche zu einer Einschränkung der freien Forschung führt, wurden besonders hervorgehoben.
Bildung ist leider nur auf lange Sicht wirtschaftlich.
Der Referatsleiter für Hochschulpolitik der HTW Dresden, Paul Riegel, sprach zum Demokratieabbau, welcher unter anderem durch das neue sächsische Hochschulgesetz weiter voran getrieben wurde. Besonders die Entscheidungsgewalt des Rektors über Beschlüsse der Studienkommissionen hinweg ist ihm ein Dorn im Auge. Den neu eingesetzten Hochschulrat, der mit externen Sachverständigen besetzt ist, sieht er nicht in der Lage fachkompetent über die Entwicklung der Uni zu entscheiden. Um seine Kritikpunkte weiter zu untermauern erzählte er über seine Erfahrungen beim Akkreditierungsverfahren an der FH Rüsselsheim für den Studiengang KIWI (kooperatives internationales Wirtschaftsingenieurswesen), welchen er als nicht studierbar einstuft.
Die Rednerrunde wurde abgeschlossen durch Borkhard (?). Anschließend an die Argumente von Steve erklärte er noch genauer die Aktionen des Bildungsstreikes. Ziel der kommenden Woche ist es die Probleme des Bildungssystems laut zu formulieren und dem eigenen Standpunkt bei Diskussionen mehr Gehör zu verschaffen.
Das bunte Programm erhält unter anderem zwei täglich geplante Flashmobs. Um 11:00 Uhr soll es zu einem „Freeze“ auf dem Fritz-Förster-Platz kommen und 12:00 Uhr sollen alle verfügbaren Wecker klingen, um mit einem „Wacht auf! [den] Start in eine neue Bildung“ einzuleiten.
Die Protestbewegung in Dresden nimmt sich als Vorbild die Erfolge aus Frankreich, wo durch Streiks geplante Gesetze gestoppt werden konnten.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden weitere Vorschläge eingebracht. Unter anderem fand im Anschluss an die Vollversammlung eine spontan Demo statt. Durch begeisterte Studenten kamen die Vorschläge, dass alle sich exmatrikulieren lassen könnten oder dass man Gebäude besetzt. In anderen Städten ist am 18.06. ein Banküberfall geplant (Aktion Banküberfall). Dabei sollen Banken besetzt werden. Da das Organisationsteam von Dresden nicht wusste, in wie weit diese Aktion in Dresden auf Begeisterung stoßen würde, wurde sie nicht in der Planung aufgenommen. Ob es doch zu einer Umsetzung kommt, bleibt offen.
Allerdings sollte sich jeder überlegen, wie weit er für die Verbesserung der Bildung geht und vor allem mit welchen Mitteln.
Wer sich an den der Aktion Bildungsstreik beteiligen möchte, kann sich gerne per Mail anmelden. Das Organisationsteam umfasst zurzeit 20 Studenten. Für die geplanten Aktionen werden aber weitaus mehr Helfer benötigt.