Author Topic: Könnt Ihr damit Leben  (Read 14502 times)

isahere

  • Guest
Könnt Ihr damit Leben
« on: August 12, 2005, 06:13:38 pm »
Nachdem nun die Prüfungsperiode für alle vorbei sein müsste, möchte ich nochmals meinen Finger in die Wunde legen.

Viele Leute meinen, dass die Diskussion um Studiengebühren abgegrast ist. Sicherlich ist alles gesagt, und für das Wintersemester 2005 gibt es noch keine Gebühren ... aber spätestens dann, wenn sie kommen, ist es zu spät.

Und wer weiß, ob die Verschiebung der Gebühren nicht eben auf den Effekt aufbaut: lasst sich die Leute erst die Haare ausreißen, warte bis sie selbst keinen Bock auf Demos, Protest mehr haben und Ruhe herrscht ... und dann schnell handeln und Gebühren einführen.

****

Folgende Probleme wurden meiner Meinung nach vom Fachschaftsrat völlig übersehen:

* Bevölkerungsentwicklung in Sachsen ... von 4 912 767 Menschen am 1.1.1990 waren am 31.12.2004 noch 4 296 284 übrig ...  Tendenz weiter sinkend. Der Freistaat ist dabei, seine Infrastruktur auf 3,5 Millionen Menschen herunterzufahren. Dazu gehören eben auch Universitäten.

Wer mit Zahlen wenig anfangen kann ... bezogen auf die Bevölkerung Dresdens hat Sachsen (vernachlässigt die Leute, die am 31.12.1989 dazu- oder weggezogen sind) in den 15 Jahren 1,283-mal die Bevölkerung von Dresden (Stand 31.12.2004) verloren.

* Die Personalstruktur in der deutschen Wirtschaft verändert sich. Von sehr wenigen Hochschulabsolventen, einen breiten Bereich ausgebildeter Arbeitnehmer (hatten Lehre/ Ausbildung) und wenig angelernten Arbeitskräften (keine Ausbildung) ... hin zu wenigen Hochschulabsolventen als Stammbelegschaft und meist angelernten Arbeitskräften, die je nach Wirtschaftslage eingestellt oder entlassen werden. Einziger Vorteil dieser Entwicklung ist, dass mehr Hochschulabsolventen benötigt werden. Und genauso BWLer wie Ingenieure.

* Neoliberalistische Grundhaltung in der ostdeutschen Politik ... sofern die lokale Wirtschaft nicht einen hohen Bedarf an Hochschulabsolventen hat und bestimmte Studiengänge an der Universität als Standortvorteil dargestellt werden können ... zählen Werte wie dass etwa die TU Dresden die älteste Bildungsanstalt ihrer Art in Deutschland ist, nichts ... die Universität wehrte sich dagegen durch Immatrikulation möglichst vieler Studenten, um zahlenmäßig besser darzustehen, und aktuell mit dem Versuch, als Stiftung unabhängig von der Politik zu werden. Die vorsichtigen Formulierungen damals, als man den Verlust der juristischen Fakultät als Zugeständnis hinnehmen musste, um andere Zugeständnisse zu erhalten ... lässt böses ahnen.

* "Hartz-Ideen" ... uns Maschinenbauern ist doch sicher noch die Entlastungskerbe an einer Welle geläufig ... man hat eine äußerst scharfe Kerbe, und setzt eine zweite Kerbe daneben, und die Kerbwirkung ist insgesamt geringer als die Wirkung der scharfen Kerbe alleine. - Viele Politiker kommen aus  der Wirtschaft und denken analog dem Kerbenbeispiel. Zur Verdeutlichung: die 10 EUR Praxisgebühr beim Arztbesuch funktioniert genauso, das Gesundheitssystem hat Mängel, aber wenn weniger Leute zum Arzt gehen, um dies oder jenes nicht lebenswichtige behandeln zu lassen ... sinken auf jeden Fall die Kosten der großen Mängel. These: Studiengebühren funktionieren genauso. Man schreckt eine bestimmte Menge an Studenten vom Studium ab, unabhängig von ihrer Qualifikation. Die Mängel des Studiums fallen weniger ins Gewicht. Fertig. Und das ganze funktioniert unabhängig davon, wo das Geld letztenendes landet.

* Möglichkeit der absichtlichen Falschinterpretierung vernachlässigen ... unabhängig davon, ob mir nun der "Inhalt" der Beyond the machines party gefallen hat oder nicht ... das Klischee des Studenten ist doch, dass man faul, ziellos und nicht bei der Sache ist. Das Studium, die schönste Zeit des Lebens - blanker Hohn in den Ohren eines jeden, der die letzten vier Wochen Prüfungszeit erfolgreich absolvieren wollte.

Und in der Tat: ob nun ein Student zerknittert ist, weil er den ganzen Tag nach einer durchgefeierten Nacht verpennt hat, oder ob er zerknittert ist, weil er den ganzen Tag sich durch den Lernstoff freiwillig gekämpft hat, lässt sich optisch von Otto Normalverbraucher nicht unterscheiden.

Folglich bieten Partys während der Woche die willkommene Möglichkeit die Sachen so zu arrangieren, dass es Außenstehenden so scheint, als wäre der typische Student stinkefauler Partygänger ... und nicht der oder die Person, welche beim Feiern während der Woche den Kopf für weiteres Lernen freibekommen will.

Und das wissen auch Politiker ... ob nun Wahrheit oder Lüge ... Hauptsache der Eindruck ist richtig. Und so spielt man der Politik, die Studiengebühren als notwendig darstellen wollen, gut zu, wenn Partys, damit mehr Leute da sind, während der Woche starten.

Ich hoffe, dass man nun nachvollziehen kann, warum ich das Handeln des FSR MW derart bedenklich finde.

****

Es ist einfach ein Farce, für Studiengebühren wegen zu vieler Studenten unter diesen und jenen Bedingungen zu sein. Richtig wäre es gewesen, erst einmal dagegen zu stimmen, ohne Begründungen, für deren Einhaltung man letztenends als FSR kaum etwas tun kann. Aber ein JA (ob nun mit oder ohne Einschränkungen) ist ein Signal. Bei den Bedingungen hör kein Mensch mehr hin.

Geschickter wäre es auch gewesen, hätte der Fachschaftsrat statt "JA unter folgenden Bedinungungen" ein "NEIN, solange folgende Bedingungen nicht gewährleistet sind" ausgesprochen. Tatsächlicher Inhalt identisch ... Signalwirkung anders.

Stichelei nebenbei: der Maschinenbau hat gegenüber unheimlich vielen anderen Studiengängen den gewaltigen Vorteil als Studiengang an einer Universität, dass das Maschinenwesen die ausgelagerte Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Industrie ist. Das Maschinenwesen könnte sich durch Drittmittel selbst finanzieren, wozu also Studiengebühren?

DIGIT

  • Hero Member
  • *****
  • Posts: 1136
  • Karma: +0/-0
    • View Profile
    • http://fsr.mw.tu-dresden.de/site_neu/kontakt/kontakt.php
Könnt Ihr damit Leben
« Reply #1 on: August 12, 2005, 06:27:02 pm »
Quote
Nachdem nun die Prüfungsperiode für alle vorbei sein müsste,
....erlaube ich mir untertänigst, meinem Gehirn eine Pause zu gönnen.
Lange Nacht
der Wissenschaft!
Reimt sich nacht.
--
In Bierstube nachgedacht
Heureka! Drehmomentkraft!
Reimt sich immer noch naft.

Miri

  • Sr. Member
  • ****
  • Posts: 301
  • Karma: +0/-0
    • View Profile
Könnt Ihr damit Leben
« Reply #2 on: August 12, 2005, 07:13:29 pm »
wenn man in den ferien jeden tag 8.5h arbeiten muss um sich sein leben zu finanzieren, dann hat man abends nicht die nerven, sich sooo viel text durchzulesen :)
ich les ihn am we vielleicht nochmal (weil ich auch bald umziehe und ich deswegen eigentlich anfangen sollte mein zeug einzupacken)...
aber bitte nicht böse werden, oder so, wenn erstmal keine antwort kommt.
einige von uns haben in den ferien übrigens auch kein internet, oder nur wenig...

wünsch euch bis dahin schöne ferien!
----------------------------------
„Ein Schweigen dringt an mein Ohr.
Dein Schweigen auf meine stumme Frage.
Warum du nichts sagtest,
als ich dir meine Liebe verschwieg.“
-Faltsch Wagoni-

bartender

  • Guest
Könnt Ihr damit Leben
« Reply #3 on: August 12, 2005, 07:32:26 pm »
Quote
Originally posted by isahere@12.8. 2005 - 18:13
Folglich bieten Partys während der Woche die willkommene Möglichkeit die Sachen so zu arrangieren, dass es Außenstehenden so scheint, als wäre der typische Student stinkefauler Partygänger ... und nicht der oder die Person, welche beim Feiern während der Woche den Kopf für weiteres Lernen freibekommen will.
Langsam wird's langweilig. Denk dir mal was Neues aus. So ein Schwachsinn.

Kessel

  • Hero Member
  • *****
  • Posts: 2084
  • Karma: +0/-0
    • View Profile
    • http://fsr.mw.tu-dresden.de
Könnt Ihr damit Leben
« Reply #4 on: August 12, 2005, 07:44:51 pm »
Quote
Originally posted by isahere+12.8. 2005 - 18:13-->
QUOTE (isahere @ 12.8. 2005 - 18:13)

* Bevölkerungsentwicklung in Sachsen ... von 4 912 767 Menschen am 1.1.1990 waren am 31.12.2004 noch 4 296 284 übrig ... Tendenz weiter sinkend. Der Freistaat ist dabei, seine Infrastruktur auf 3,5 Millionen Menschen herunterzufahren. Dazu gehören eben auch Universitäten.

Wer mit Zahlen wenig anfangen kann ... bezogen auf die Bevölkerung Dresdens hat Sachsen (vernachlässigt die Leute, die am 31.12.1989 dazu- oder weggezogen sind) in den 15 Jahren 1,283-mal die Bevölkerung von Dresden (Stand 31.12.2004) verloren.
[/b]
Quellenangabe fehlt

Quote
Originally posted by isahere@12.8. 2005 - 18:13

dem Versuch, als Stiftung unabhängig von der Politik zu werden.
Hast du dir das "Stiftungsmodell" mal wirklich angeschaut?

QUOTE (gaysuperhero @ 14.8. 2005 - 16:46)
Wenn du Möglichkeiten zur Problemlösung hast oder etwas verändern willst stehen dir Mittel und Wege offen an der Universität.[/b]
man sollte vielleicht ergänzen, dass es mit hoher wahrscheinlichkeit deine lebenslang letzte chance sein wird, deine meinung in (einigermaßen) demokratisch legitimierten gremien einzubringen und auf diese art und weise etwas in deinem sinne zu verändern...
\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t
<' + '/div>\n\t\t\t\t\t\t\t\t\t